Umweltschutz Schwarzwald Sabine Hötzel

Umweltschutz Schwarzwald Sabine Hötzel

Mittendrin in unserem BW:

Umweltschutz im Schwarzwald: Interview mit Sabine Hötzel

Sabine Hötzel mit Plastikplane
Sabine Hötzel: Naturelover und Forestclenaer im Nordschwarzwald

„Gemeinsam machen wir die Welt zu einem besseren Ort“

Naturliebhaberin, Umweltschützerin, Waldreinigerin und Instagrammerin: Die Baden-Badenerin Sabine Hötzel ist ein Vorbild. Bei ihren Wanderungen ist sie stets bewaffnet mit einem blauen oder roten Eimer. Es gibt so gut wie keine Tour, von der sie mit leeren Händen oder eben leeren Eimern zurückkommt. Sie sammelt den Müll ein, den andere Menschen inmitten einer traumhaften Landschaft hinterlassen haben. Den Müll in der Natur bezeichnet sie als „invasive Arten“, die umgesiedelt werden müssen. Und zwar dorthin, wo sie hingehören: in die Mülltonne!

Auf Instagram postet Sabine ihre Müllabenteuer. Zuerst ein stimmungsvolles Naturbild, wie es die meisten Instagrammer mögen, und dann die Keule: Müll, überall Müll! Tüten, Babywindeln, Plastik- und Glasflaschen, ein Autoreifen mitten im Nirgendwo, Corona-Masken ohne Ende und sogar eine Dose Bügelspray aus den 50er Jahren. Die Bilder sind oft erschreckend: Ein idyllischer Weiher, in dem eine Unke sitzt, in direkter Nachbarschaft zu einer Plastikflasche. Oder eine meterlange XXL-Plastikplane, die sie nur mit Mühe aus dem Erdreich herausziehen konnte.

Sabines 10 Müllsünder-Thesen

„Warum wirfst du deinen Müll in diesen wunderschönen Wald?“, fragt Sabine ihre Follower. In ihrem Instagram-Post stellt sie zehn Thesen auf:  

  1. Weil ich ein ignoranter und verwöhnter Depp bin?
  2. Weil mir die Umwelt völlig egal ist?
  3. Weil mir Mutti sonst auch immer alles hinterherräumt?
  4. Weil ich zu faul und schwach bin, das Bonbonpapier bis zum nächsten Mülleimer zu schleppen?
  5. Weil ich Freude daran habe, Tiere zu quälen?
  6. Weil ich meinen Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkeln auch noch was hinterlassen möchte (nebst einem IQ von 13)?
  7. Weil mir mein Fischfilet mit Mikroplastik besser schmeckt?
  8. Weil ich es für ein Gerücht halte, dass Müll wie Plastik, Glas und Alufolie sich nicht innerhalb einer Stunde von selbst auflöst?
  9. Weil ich volle Windeln, halbleere, vergammelte Dosen und versiffte Masken im Wald hübsch anzusehen finde?
  10. Weil alles auf mich zutrifft!

Sabine hat Humor. Mit einem Augenzwinkern will sie Menschen aufrütteln und für das Thema sensibilisieren.

„Bitte benehmt euch wie Tiere“, rät sie auf Instagram. Denn Tiere hinterlassen keinen Müll. Menschen schon. „WalkIn, TrashOut“ ist ihr Motto. Sie hofft, so viele Menschen wie möglich zu gewinnen, ihrem Beispiel zu folgen.

Umweltschutz mit Sabine Hötzel
"Invasive Arten verbreiten sich immer mehr"

unser BW: Ich bewundere Deinen Einsatz sehr. Meine Familie und ich würden niemals Müll liegenlassen. Das Einzige, was wir hinterlassen, sind unsere Fußabdrücke. Es ist wohl für die meisten Leute selbstverständlich, ihr Zeug wieder einzupacken. Leider gilt das nicht für alle. Wenn Du unterwegs bist, sammelst Du die Hinterlassenschaften anderer ein. Was treibt Dich an, Dich so zu engagieren?

Sabine:

  1. Weil die Archäologen in einer Million Jahre auf keine Hinterlassenschaften wie Glasflaschen und Co. stoßen sollen.
  2. Weil mir mein Fischfilet ohne Mikroplastik besser schmeckt.
  3. Ach ja, und weil ich natürlich ein Vorbild für meine Kinder sein möchte. Ein verantwortungsvoller Umgang mit unserer Umwelt und den Ressourcen kann nicht früh genug gelernt werden.

unser BW: Gab es einen Impuls, der den Kickoff für Deinen Einsatz darstellte? Oder ein Schlüsselerlebnis?

Sabine: Als ich unter einem Baumstumpf eine XXL-Plane (zehn mal fünf Meter!) herausgezogen habe. Die war komplett mit der Wurzel verwachsen. Oberhalb der Erde hat man nur ein paar Zentimeter Plastik erkennen können.

unser BW: Du liebst die Natur, schützt und achtest sie. Es muss doch unglaublich frustrierend sein, wie Umweltverschmutzer mit ihr umgehen?

Sabine: Hierzu fällt mir ein Zitat von Edward Everett Hale ein: „Ich kann nicht alles tun, aber ich kann etwas tun. Und weil ich nicht alles tun kann, soll ich mich nicht weigern, das zu tun, was ich kann.“

unser BW: Fällt es Dir bei dem ganzen herumliegenden Abfall, den Du entdeckst, nicht manchmal schwer, überhaupt noch die Schönheiten der Natur zu sehen?

Sabine: Autoreifen im Flussbett, Plastikplanen im Erdreich, Flaschen auf dem Waldboden … all diese invasiven Arten haben sich über Jahrzehnte häufig so perfekt an ihre Umwelt angepasst, dass sie kaum zu entdecken sind. Verborgen und gut getarnt wie sie sind, fällt es daher überhaupt nicht schwer, die Schönheiten der Natur zu sehen.

unser BW: Wie reagieren die Leute, die Dir unterwegs begegnen und Dich in Aktion sehen?

Sabine: Von Anerkennung, Lob und Verachtung ist alles dabei. Bezüglich letzterem: Die steigende Vermüllung wird durch die zunehmende Kälte einiger Menschen wieder ausgeglichen.

Umweltschutz mit Sabine Hötzel
Glasflaschen: Darüber stolpern eure Nachfahren noch in einer Million Jahren

unser BW: Was war bisher Dein kuriosester Fund unter allen invasiven Arten?

Sabine: Eine halbvolle Dose „Bügelfrei“ aus den 50er Jahren in tadellosem Zustand. Ich Glückspilz aber auch. Nun endlich wird meine Wäsche im Nu faltenfrei, und ich kann mich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben konzentrieren.

unser BW: Im April 2021 hast Du begonnen, auf Instagram Deine Funde zu präsentieren, heute folgen Dir über 8.000 Leute. Tendenz rasch steigend. Überrascht Dich der Erfolg?

Sabine: Ja klar. Wer rechnet schon damit, dass die Leute Müllbilder liken und sich über meine Funde freuen?

unser BW: Wer begleitet Dich auf Deinen Wanderungen?

Sabine: Mein Eimerle – der verliebt sich alle fünf Minuten in eure Hinterlassenschaften.

Unser BW: Sonst noch jemand? Machen Dein Mann und Deine Kinder auch mit und unterstützen Dich? Haben sie Verständnis?

Sabine: Natürlich sind auch meine Kinder und mein Mann mit dabei. Wir lieben alle Müll. Wir sind sowas wie die Olchi-Family.

unser BW: Du klärst Deine Follower auf Instagram auch sehr kompetent über die Müll-Problematik auf. Dass Müll Wildtiere gefährdet, über Plastik in den Ozeanen und die „Lebenserwartung der invasiven Arten“. Wie hast Du Dir dieses Wissen angeeignet?

Sabine: Dank Google ist dieses Wissen nur einen Klick entfernt. Abgesehen davon gibt es ganz tolle Infoseiten vom World Cleanup Day!

unser BW: Du kommst aus Gießen in Hessen. Was hat Dich nach Baden-Baden verschlagen?

Sabine: Die Liebe zum Schwarzwald.

unser BW: Was bedeutet Heimat für Dich?

Sabine: Heimat ist da, wo meine Familie ist.

unser BW: An welche Stellen in Baden-Baden führst Du Deine auswärtigen Gäste besonders gerne?

Sabine (lacht): Wenn ich das hier verraten würde, wären es ganz sicher nicht mehr meine Lieblingsstellen. Ansonsten sind der Battertfelsen, die Geroldsauer Wasserfälle und der Merkur sehr zu empfehlen.

unser BW: In welchem Restaurant oder Café könnte man Dich hier treffen?

Sabine (lacht): Man trifft mich eher im Wald, als im Café.

unser BW: Du gehst gerne im Nordschwarzwald wandern. Wohin zieht es Dich am liebsten?

Sabine: Entlang der Schwarzwaldhochstraße und im Murgtal finden sich tolle Wanderwege.

unser BW: Welche sind Deine Lieblings-Spezialitäten aus Baden-Württemberg?

Sabine: Eindeutig Käsespätzle.

unser BW: Typisch ist für Dich …?

Sabine: Ich bin für jeden Müll … ähm … Spaß zu haben.

unser BW: Gibt es etwas, das Du den Leserinnen und Lesern mitgeben möchtest?

Sabine: Einen Eimer. Möge der Müll mit euch sein!

unser BW: Herzlichen Dank für das interessante Interview! Ich wünsche Dir und uns allen, dass Du jetzt und in Zukunft viele Menschen zum Mitmachen inspirieren kannst.

Mehr über Sabine Hötzels Umweltinitiative gibt es auf Instagram: @sabine.hoetzel